1920 in Kiel geboren und als Spross einer Hugenottenfamilie mit langer Offizierstradition aufgewachsen, kam der 23-jährige Borell 1943 als Oberfunkmeister zur Funkmesstruppe der Marine in Dahmeshöved.
Nach einer Ausbildung zum Marineleutnant in Greifswald 1944 kam er vor Kriegsende noch einmal zurück, als Leiter der Funkmessstelle. Seine spätere Frau Thea Bente, geb. Lehmbeck, lernte er in Dahme kennen.
Nach dem Krieg bildete er sich zum Grafiker an der Muthesius Werkkunstschule in Kiel aus.
1951, als Dahme sich so langsam wieder wirtschaftlich erholte, ging er als Kurdirektor nach Dahme.
Er war einer der ersten, die von der Bedeutung des Fremdenverkehrs für die heimische Wirtschaft überzeugt waren. Seine Devise war den Fremdenverkehr in der kleinen Ostseegemeinde wieder zu beleben.
Mit einem neuen farbenprächtigen, mondänen Prospekt hatte er 1951 Dahme wieder ins Geschäft gebracht. Auf werbewirksamen Reisen durch die deutschen Lande schloss er Verträge mit Reiseagenturen und Reiseveranstaltern.
Schon 1953 hatte der Badeort 8600 Gäste und 120 000 Übernachtungen während der Saison von Mai bis September. Die Gäste kamen hauptsächlich aus Hamburg (30%), Nordrhein Westfalen (25%), Niedersachsen (15%) und Berlin (10%). Am Nordstrand wurde die Zahl der Zelte auf 450 geschätzt.
Im Jahr 1962 wurde Dahme Ostseeheilbad und 1963 wird das neue Haus des Gastes eingeweiht. Dort konnte man sich an lebendiger Kammermusik erfreuen. Auch an Arien und Duetten aus heiteren Opern, oft bei vollbesetztem Saal, die Sitzplätze reichten nicht aus.
Unter seiner Amtszeit waren Strandfeste der Höhepunkt der Saison, meist begünstigt von schönstem Wetter. Schwimmwettkämpfe vom Bootssteg, kulturelle Veranstaltungen, Burgenwettbewerbe, Tennisturniere, Kurkonzerte, große Lampionumzüge, grandiose Feuerwerke und natürlich auch ein Abschlussball in der Strandhalle mit Preisverleihung durch Kurdirektor Borell. Seine Ansprachen über die Lautsprecher an der Strandpromenade zu den Feuerwerken waren Kult.
Die einwöchigen Tennisturniere waren mit bis zu 100 Teilnehmern, die auf 4 Plätzen spielten, und hunderten von Zuschauern, die auf der Zuschauertribüne „Deich“ saßen gut besucht.
Broschüre von 1951
Ein besonderes, jährlich wiederkommendes Ereignis im Frühsommer war immer der „Tag der Flotte“ der ab 1956 mit der Wiedereinführung der Marine stattfand. So hatte man am 2. Juni 1968 den Zerstörer Z3 der Fletcher Klasse vom Marinegeschwader in Flensburg zu Besuch in Dahme. Hunderte von Gästen standen jeweils Schlange auf der Anlegebrücke und wurden mit Barkassen übergesetzt. Die 250 Mann Besatzung zu einem Marineball am Abend geladen.
1967 wurden die Saisonerwartungen wurden wieder einmal übertroffen. Von April bis September kamen 44 000 Gäste bei 605 000 Übernachtungen. Bei 4400 Betten bedeutete das eine Auslastung von 75% (136 Tage pro Bett). Dahme war damit zweitgrößtes Bad im damaligen Kreis Oldenburg. Die Kurtaxeinnahmen lagen bei knapp 600 000 Mark. Es kam jedoch auch viel Kritik von Gästen: Vielfach wurden Zimmer angeboten, die besser für den Fremdenverkehr nicht bereitgestellt werden sollten oder es wurden Preise verlangt, die keineswegs den Leistungen entsprachen. Um Schaden für das Ostseebad zu verhindern, setzte Borell sich dafür ein diese Mängel abzustellen.
Ende August 1968 wurde das erste heizbare Freibad an der Ostsee eingeweiht. Auf 23 Grad temperiertes Meerwasser. Ein großer Tag für Dahme. Das Bad hat olympische Maße (50 x 25 m), eine durchschnittliche Wassertiefe von 2 m, 2500 Kubikmeter Meerwasser. Kurdirektor Borell hofft, dass das Freibad die Saison um 20 Tage verlängert.
Borell bei einer Preisverleihung
Durch den Ausbau mit zehntausenden von Betten wird der Konkurrenzkampf zwischen den Bädern an der Ostseeküste erstmals spürbar. Kurdirektor Borell: „Optimismus ist fehl am Platze. Heute ist schon klar, dass wir an die gewohnten Steigerungsraten nicht mehr anknüpfen können.“
Die Existenz der Ferienzentren macht sich bemerkbar. 1971 hat man trotz einer weiteren Steigerung des Bettenangebotes rückläufige Gäste- und Übernachtungszahlen. Borell sieht Gründe in negativem „Imedsch“, Kostensteigerungen ohne Gegenleistungen und einer DM Aufwertung, die es billiger macht im Ausland zu Urlauben. Von April bis September hatte Dahme nur noch 31 000 Gäste und verzeichnete 474 000 Übernachtungen. Man lag damit 20-30% unter den Zahlen von 1967. Die Zeit des überschäumenden Optimismus hatte einen Dämpfer bekommen. Borell: „Der Fremdenverkehr ist nicht witterungs- und krisenbeständig.“ Die Saison 1971 war für Dahme eine Warnung. Die Finanzlage war so angespannt, dass Investitionen jeder Art nur ein Wunschtraum waren.
In seiner mehr als zwanzig jährigen Tätigkeit hatte Walter Borell du Vernay* ohne Zweifel einen entscheidenden Anteil an der unglaublichen Entwicklung des Ostseebades Dahme.
1972 starb er im Alter von nur 52 Jahren an einem Blutsturz im Magen. Borell war einer der dienst ältesten Kurdirektoren in Schleswig-Holstein, Vorstandsmitglied im Fremdenverkehrsverband des Landes und im Werbeausschuss des Verbandes der Ostseebäder.